ResidenzJournal Frühlingsausgabe 2025 - Flipbook - Seite 12
Speakers Corner – Ralfs Kolumne
Und so läuft es weiter: Die Jungen zahlen, die Alten schimpfen über die Faulheit der
Jungen, und die Politiker erklären, alles sei zukunftssicher – das klingt in diesem
Kontext ungefähr so glaubwürdig wie die Aussage, die AfD sei demokratisch.
Der Generationenvertrag ist die wohl dreisteste Schneeballpyramide seit der Erfindung
der Kirchensteuer. Das Prinzip ist simpel: Die Alten nehmen, die Jungen zahlen. Und
wer jung ist, soll bitte still lächeln und dankbar sein, dass er irgendwann vielleicht auch
einmal alt werden darf – falls ihn bis dahin nicht Burnout, Mietpreise oder die
Klimakrise erledigt haben.
Die Rentnergeneration nennt das „Solidarität“. Man könnte es auch „Zwangsabgabe für
Menschen mit Geburtsdatum nach 1990“ nennen. Während Oma Brunhilde ihren
dritten Thermomix anschließt und Opa Gustav mit dem Wohnmobil quer durch
Süditalien gondelt, kämpft Enkelin Chantal darum, ob sie sich diesen Monat Nudeln mit
Pesto oder einen Zahnarztbesuch leisten kann.
Und wenn Chantal fragt, warum sie eigentlich mehr in die Rentenkasse einzahlt, als sie
jemals herausbekommen wird, lautet die Antwort: „Vertrau uns, Mädel, das gleicht sich
aus!“ Selbstverständlich – so, wie sich Durchfall und Verstopfung immer ausgleichen.
Zukunftssicher? Ja – sicher für alle, die längst in Rente sind.
Klar, die Polemik schreit jetzt: „Was ist mit der Altersarmut?“ Ja, sage ich, natürlich gibt
es Altersarmut – und das ist eine furchtbare Schande. Dennoch zwei Dinge: Erstens
geht es in dieser Kolumne nicht ums Thema Altersarmut. Und zweitens, hier ein paar
Zahlen: 42 % der Menschen über 65 lebt an der Armutsgrenze – dass bedeutet aber
auch, dass 48 % in guten Verhältnissen lebt. Eigenheime, die in den 1950er bis 1970er
Jahren erworben wurden, erfreuten sich an einem Wertezuwachs bis 2023 von
(Inflationsbereinigt) 249,5 %! Von den rund 19 Millionen Menschen über 65, lebt rund
die Hälfte in den eigenen vier Wänden – davon 80 % im Einfamilienhaus und 20 % in
einer Eigentumswohnung.
In diesem Sinne – wir alle haben unsere Erfahrungen, Werte und Ideologien. Doch
steht es keiner Generation zu, wertend über die jeweils andere Generation zu urteilen.
Das hat nichts mehr mit einem miteinander leben zu tun…
Bis zum nächsten Mal, servus und ade,
Euer Schreiberling aus der Residenz.
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